[A human position]
Anders Emblem | Norwegen 2023
Trügerisches Paradies?
Ein Hafen liegt idyllisch in Pastelltönen getaucht, während Asta (Amalie Ibsen Jensen) langsam eine Anhöhe hinauf steigt und zurückblickt. In der anscheinend entschleunigten Alltagsruhe sitzt eine Katze am Fenster und schaut neugierig dahin, wo eine gurrende Taube nur zu hören ist. Zwischen ihr und der Welt: Eine Balkontür, die ins Nichts zu führen scheint. Auch hier blickt die junge Frau nachdenklich auf die Fassaden der Häuser. Nichts bewegt sich. Die Katze gähnt. Die Aussicht geht in ein Großraumbüro hinein, wo sich Menschen lebhaft unterhalten, während Asta hinter Glas in einem abgetrennten Büro lustlos an einem PC tippt. Für die Zeitung „Sunnmørsposten“ befragt sie einen Mann in einem Fanshop über Enthusiasmus.
Zurück in der Wohnung schraubt ihre Lebensgefährtin Live (Maria Agwumaro) an einem Stuhl. Lange Einstellungen auf die beiden. Schläft sie heute einmal bei ihr im Bett? Nein, sie schläft wieder auf dem Boden, erklärt Asta. Vermisst sie etwas? Ihre Freundin dreht sich zu ihr: „Wahre Liebe?“ Beim Essen trägt die eine einen Judo-Anzug, – die andere einen Kimono. Weiß sie, dass der Siesta-Stuhl von Relling der beliebteste norwegische Stuhl in Japan ist? Asta weiß es nicht, aber sie glaubt ihrer Freundin. Die beiden spielen Go, ein japanisches Spiel: Genauso schwer wie das Leben und den Sinn in den Spielzügen zu verstehen, ist auch nicht leicht.
Fazit
Mit sensiblem Humor erzählt Anders Emblem die Beziehung der beiden Frauen. Die Freudlosigkeit von Asta lässt wenig Raum für Spekulationen, wenn sie die ganze Schönheit der Szenerien regungslos zur Kenntnis nimmt. Die Stimmung einer Depression, die wie die wunderschöne Katze stetig um sie herum schleicht und eine ganz eigene Atmosphäre verbreitet.
Zusammen mit den sie umgebenden Fassaden rückt die Kamera im Laufe des Films immer ein bisschen näher an die beiden. In der Wiederholung einzelner Szenen wird Vertrauen zueinander aufgebaut, während der normale Alltag immer wieder von kleinen Absurditäten unterbrochen wird. Der normale Wahnsinn, der durch die Schwere des Lebens trägt. In langsamen Gesten füreinander da sein und Grenzen der anderen akzeptieren. Das gemeinsame Aufbauen einer Geschichte, die Feingefühl erfordert: Ein Feingefühl, das auch der Film bis zum Ende elegant zu tragen versteht.
«A human position» lief erfolgreich auf diversen Filmfestivals und wurde von der Autorin auf dem IFFR – Internationales Film Festival Rotterdam 2022 gesichtet.
© Tina Waldeck 2022