[Die Verliebten]

Jeanine Meerapfel | Deutschland 1987


Im Rahmen der Ausstellung Ausgeblendet / Eingeblendet – eine jüdische Filmgeschichte der Bundesrepublik lief im Deutschen Filminstitut & Filmmuseum in Kooperation mit dem Jüdischen Museum Frankfurt „Die Verliebten“, nach dessen Premiere 1987 auf der Berlinale der Film in der Öffentlichkeit nur wenige Male gezeigt wurde: Denn gnadenlos wurde er damals von einem noch männlich bestimmten Publikum denunziert.


Filmbild aus Die Verliebten ©Jeanine Meerapfel | Deutschland 1987
Filmbild aus Die Verliebten ©Jeanine Meerapfel | Deutschland 1987

Jeanine Meerapfel, Präsidentin an der Akademie der Künste, liebte schon immer Melodramen und Liebesfilme. Nah an den Menschen und der Wirklichkeit, wenn auch oft überspitzt: Nah am Lachen und am Weinen. Ihre Idee für diesen Film war es, hinter so einem Liebesfilm zusätzlich noch ein politisches Statement zu setzen. Katharina, eine starke Karrierefrau, trifft in ihrer alten Heimat Jugoslawien auf Peter, der auf den Spuren des Zweiten Weltkrieg recherchiert. Verständnis generiert Liebe – und eine andere Art der Verarbeitung Wehmut. In der kontrastreichen Darstellung ist Katharina deutlich die Kraftvollere, die sich von der Vergangenheit loslöst und diese aktiv in der Gegenwart Deutschlands aufarbeitet, Peter dagegen der Schwache, der in Jugoslawien verzweifelt Beweise für die Unschuld seines deutschen Vaters sucht.

Die Schmerzhaftigkeit der Widerstände

Doch schon nach der Hälfte des Films, erzählt Jeanine Meerapfel, waren bei der Premiere Unruhen im Publikum, das abwertende Scharren von Füßen und Stimmengemurmel, welches sich immer mehr steigerte, sodass der Film an diesem Tag nicht verständlich zu Ende gesehen werden konnte. Ein schmerzhafter Rückblick und eine negativ einprägende Erfahrung für sie, – bis heute. Die Welle von Hass, die ihr auch bei der anschließenden Pressekonferenz entgegenschlug: auch eine Art von jüdischer Erfahrung.


Horst-Günter Marx und Jeanine Meerapfel, Pressekonferenz «Die Verliebten» 1987 | Harry Croner (Fotograf) | Stadtmuseum Berlin
Horst-Günter Marx und Jeanine Meerapfel, Pressekonferenz «Die Verliebten» 1987 | Harry Croner (Fotograf) | Stadtmuseum Berlin

An dem Abend 2023 wird besonders die Position Peters im Gespräch mit Leo Wohl von Haselberg und dem Publikum kritisch hinterfragt. Das Bild „des deutschen Trottels“, der die Geschichte nicht aufarbeiten, sondern positiv bestätigt haben will, wird mit den Erfahrungen von Personen aus dem Publikum verbunden. Erinnerungen an eine Generation Söhne, deren Väter aus dem Krieg „kaputt“ und als „Wracks“ zurückkamen, – die Verzweiflung, und/oder Schuld in einer eisigen Kälte hinein verbargen. Wo sich die nachfolgende Generation an Hoffnungsschimmer klammerte, dass das alles vielleicht anders gewesen sein könnte, – und es doch besser wusste.

FAZIT

Eine Chronik der Gefühle, mit vielen Details erzählt: Ein Psychogramm jener Zeit – für den die Zeit 1987 offensichtlich noch nicht reif genug war. Aufgrund des desaströsen Startes kam der Film nach der Premiere nie in die Kinos. Nach so langer Zeit konnte Jeanine Meerapfel die 35 mm Kopie „ohne Vorurteile schauen“ und gleichzeitig über eine mögliche Digitalisierung nachdenken, die bisher noch nicht erfolgt ist. Um eine der wenigen positiven Kritiken aus der Zeit zu zitieren: „Dieser Film lohnt das Ansehen und das Gespräch!“ (Steffan Offenhäuser, Südwest Presse 1988). Immer noch.


«Die Verliebten» lief im DFF – auch im Rahmen der beginnenden Werkschau zu Jeanine Meerapfels 80ten Geburtstag 2023.


© Tina Waldeck 2023